Elbe-Saale

Sachsen
Ortsgruppe Dresden

Denkwerkstatt in der Einbahnstraße

Am 25. April 2023 fand im Büro des Landtagsabgeordneten Martin Modschiedler eine sogenannte Denkwerkstatt zum Thema einer Elbquerung statt. Der Dresdner CDU ist es ein Anliegen, nach der Erfahrung des kritikwürdigen Schwarzbaus Waldschlösschenbrücke wieder eine auf ein Bauwerk reduzierte Diskussion in der Dresdner Stadtgesellschaft zu platzieren.

 

Im Modus eines Wordcafés wurde an drei Tischen über die Fragen des Wie, Wo und sogar Warum gesprochen. Zusammengetragen wurden die Ideen und Aussagen von den Mandatsträgern Veit Böhm (Stadtrat für Verkehrsthemen), Matthias Dietze (Stadtrat aus Loschwitz) und Johannes Richter (SBB Blasewitz)

In über den Abend getätigten Aussagen der Moderatoren erschien der Zielkorridor bereits ziemlich klar vorgegeben zu sein, wenngleich betont auf ein ausgleichendes Wording wert gelegt wurde. Bei der "Querung" soll es um eine Brücke gehen und bei "ergebnisoffener" Willensbildung in Bevölkerung und Politik soll es sich dabei natürlich vorwiegend um eine solche für jene Automassen handeln, die heute und noch mehr in Zukunft die Elbe an der Loschwitzer Brücke queren. Als Standorte kristallisierten sich ortsnahe Lösungen wie die aus DDR-Zeiten bekannte, gerade Verbindung zwischen Körnerplatz an der Elbbrückenstraße und Käthe-Kollwitz-Ufer bis Vogesenweg sowie in Verlängerung der Grundstraße über den Parkplatz Fidelio-F.-Finke-Straße zur Kretschmerstraße heraus. Dies vorallem, weil ortsfernere Vorschläge abmoderiert wurden. Das Anliegen, die baufällige Loschwitzer Brücke vom Autoverkehr zu entlasten, soll also durch einen auf den Kraftverkehr getrimmten, beinahe ortsgleichen Neubau gelöst werden.

 

Einseitiger Fokus auf den Kraftverkehr

Die Radfahrstreifen auf dem Blauen Wunder, die die Stadt in diesem Jahr endlich herstellen will, wurden mit Verweis auf einen mutmaßlich ausgebremsten und behinderten Kraftverkehr abgelehnt. Die CDU fordert weiter eine sogenannte Interimsbrücke für den Radverkehr. Ob die so schnell hergestellt werden kann wie die Radfahrstreifen und wie sie wo angebunden ist, mögen dann selbstverständlich andere klären. Bei der Interimsbrücke ging es auch weniger um Radverkehr, als dass dem Kraftverkehr weiter drei Fahrstreifen auf dem Blauen Wunder erhalten bleiben sollen.

Und auch sonst führten die Aussagen zum Warum in die Illusionen der autozentrierten Vergangenheit, die so gar nicht zur Klimakrise passen. Zudem wurde eine solche Brücke mit Kraftverkehrskapazität und entfallenden Wartezeiten durch Veit Böhm als Standortvorteil im Konkurrenzkampf der Kommunen und Landkreise um Arbeitskräfte illustriert. Verkehr - und davon vor allem der autofahrende Anteil von Pendlern - scheint das vorrangige Augenmerk CDU-geprägter Standortpolitik zu sein. Dabei bremst gerade der Kraftverkehr die Bemühungen zum Erhalt einer lebenswerten Umwelt aus.

Teillösung und viele neue Probleme

Was Brücke oder Tunnel für gravierende Eingriffe in die Schutzgüter (Trink-)Wasser, Flora, Fauna, Landschaftsbild und Stadtbild ergeben, ist dabei nur ein Teil der Probleme, die sich aus autofokussierten Betrachtungsweisen ergeben. Viel zu kurz kamen Ideen und Konzepte, das Blaue Wunder vom Kraftverkehr wirksam zu entlasten und natürlich wurde jeder Ansatz von Push-Maßnahmen abgelehnt.

Eine neue Elbquerung in der beabsichtigten Form hat überörtliche und längerfristige Auswirkungen, die Teil der strategischen Verkehrsplanung von Stadt und Land sein sollte, um nicht zu unbeabsichtigten oder unerwünschten Nebenwirkungen zu führen. Warum sich die CDU nicht stärker bei der Ausarbeitung des Mobiplans 2035 beteiligt, ist deshalb fragwürdig. Auch natürlich, wie neben der offiziellen Strategie noch Finanz- und Planungsmittel für singuläre Baumaßnahmen gegeben sein sollen.

Schlimmer aber als diese Einengung sind fehlende Konzepte der Partei für eine Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur im Dresdner Hochland und der Orte im Landkreis Bautzen, um lange Wege zu vermeiden. Oder der mangelnde Einsatz für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, um Wege auf weniger umweltbelastende Verkehrsmittel zu verlagern. Oder die Idee zu Push-Maßnahmen, um den Kraftverkehr aus dem Hochland auf bereits bestehende, leistungsfähige Wege wie die Waldschlösschenbrücke oder die S177 verlagern und die Lebensqualität vor Ort zu verbessern. Oder die Erkenntnis, dass sich Mobilität und Verkehr in den nächsten 30 Jahren durch den Klimawandel massiv verändern werden.

Mobilitätsplanung integrativ denken

Als Interessengemeinschaft für Sicherheit und Nachhaltigkeit in der Mobilität können wir als VCD nur warnen, Verkehrspolitik und Verkehrsplanung lediglich anhand von aus der Zeit gefallenen Bauwerken zu denken. Wir meinen, es gibt bereits leistungsfähige Alternativen für den Kraftverkehr. Zur Entlastung des Brückenbauwerks muss er dorthin verlagert werden. Und es gibt mit der Loschwitzer Brücke bereits eine hervorragende Querung für den Umweltverbund. Die jetzige Situation verhindert jedoch vielfach sanfte Mobilität und behindert den öffentlichen Verkehr.

Immerhin: Wenn die CDU jetzt mit dem Umsetzungshorizont von 30 Jahren eine neue Brücke für Autofahrer planen und bauen möchte, muss sie sich fragen lassen, warum sie es in den letzten 30 Jahren zu einer Verkehrsentlastung durch eine Stärkung der Eisenbahn brachte und mit einem komplizierten Tarifsystem im Übergang der Verkehrsverbünde potenzielle Fahrgäste des ÖPNV vergrämt.

Fragen der systemischen Zusammenhänge des Verkehrs, soziale Teilhabe und Bewahrung der Schöpfung wurden zumindest nicht in die Zusammenfassung am Ende der Veranstaltung transportiert. Im Gegenteil stellt Veit Böhm in einer Nebenbemerkung klar: "Der Mobi-Plan hieß früher Verkehrsentwicklungsplan und genau so soll's auch bleiben". Von inklusiven Worten auf Plakaten braucht man sich hier zukünftig nicht in die Irre führen lassen.

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