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Ortsgruppe Dresden

Möglichkeiten einer nachhaltigen Finanzierung des ÖPNV in Dresden

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) steckt in einer Finanzierungskrise. Und das nicht erst seit der Corona-Pandemie. Die VCD Ortgruppe Dresden hat verschiedene Finanzierungsformen verglichen und schlägt eine ganz neue Maßnahme vor, wie der ÖPNV in Dresden langfristig solide finanziert werden kann.

Fact-Sheet der VCD Ortsgruppe Dresden zur ÖPNV-Finanzierung in der Stadt

Lesen Sie hier auch die Pressemitteilung der VCD Ortgruppe Dresden

Die schwierige Finanzierungslage der DVB

Die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) decken Ihre Kosten etwa zu 60% aus Umsatzerlösen, sprich aus Fahrgeldeinnahmen. Die fehlenden 40% der Kosten decken die Technischen Werke Dresden (TWD), die am Ende des Geschäftsjahres einen entsprechenden Verlustausgleich zahlen. Die TWD als 100%ige Holding der Landeshauptstadt Dresden vereint die kommunalen Versorgungs- und Verkehrsunternehmen der Stadt, wie die DREWAG, die Dresdner Bäder oder die Energie Verbund Dresden GmbH. 2020 betrug der Verlustausgleich der TWD an die DVB rund 50,3 Mio. €. Dieser Verlustausgleich wird seit dem 01.01.1997 abgeschlossenem Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit der TWD vertraglich geregelt. Aus dem Geschäftsbericht der TWD (2020) geht hervor, dass der Verlustausgleich im Jahr 2021 auf 64,2 Mio. € anwachsen wird. Den Grund dafür sieht die TWD in dem künftig wachsenden Personalbedarf.

Der Verlustausgleich ist de facto eine Quersubventionierung aus den Bilanzgewinnen des profitablen Energieversorgungsbereiches in den defizitären öffentlichen Nahverkehr. Diese Struktur findet sich in vielen Städten in Deutschland und Europa wieder. Grundsätzlich stehen den unternehmerischen Vorteilen dieses Modells, insbesondere die geringere Steuerlast infolge des Verlustausgleiches, auch Nachteile gegenüber, die vor allem im Nahverkehr zu Tage treten. Da bilanziell die DVB AG ohne Verlustausgleich tief in den roten Zahlen fährt, steht jede Investition auf dem Prüfstand. Die Durchführung von Infrastrukturvorhaben wird vorrangig an Fördermöglichkeiten ausgerichtet anstatt an dem maximalen verkehrlichen Nutzen. Die Infrastruktur wird stärker auf Verschleiß gefahren, da bei der Erneuerung eines ganzen Straßenzuges Fördermittel von Bund und Ländern abgeschöpft werden können, aber bei einer Weichenerneuerung nicht darauf zurückgegriffen werden kann. Nicht zuletzt deshalb sind in Dresden daher noch nicht alle Haltestellen der Straßenbahn barrierefrei ausgebaut. Hierfür wären hauptsächlich Eigenmittel der DVB AG erforderlich, die entsprechend zögerlicher investiert werden.

Diese Defizite fallen kurzfristig nicht auf, langfristig staut sich aber ein enormer Investitionsbedarf an. Zudem verlangen stetig wachsende Fahrgastzahlen nach engeren Takten, breitere Fahrzeuge und mehr Personal.

Die Nutzerfinanzierung trägt in Dresden die Hauptlast in der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs. Die Fahrpreise in Dresden steigen entsprechend kontinuierlich an. Die Einzelfahrt kostet seit August 2020 2,50 €. Im Vergleich wurden Parkgebühren 2020 erstmals seit Einführung überhaupt angehoben und betragen 1,50€ / Stunde.

Die strukturellen Fehler liegen dabei in der Vergangenheit. Mit der Regionalisierung in den 90er Jahren waren Städte und Landkreise auf einmal selbst für den ÖPNV verantwortlich und mussten für das Angebot und die Finanzierung Lösungen entwickeln. In Städten wurde mithilfe der Querverbünde (wie z.B. der Technischen Werke Dresden) aus Überschüssen der kommunalen Energieversorger immerhin eine zweite Finanzierungssäule neben den klassischen Fahrgeldeinnahmen geschaffen - der Verlustausgleich. Doch dessen Höhe ist begrenzt.

Verschärfende Problematik durch die Corona-Pandemie

Die Corona-Krise trifft den öffentlichen Nahverkehr in Dresden hart. In Zeiten der Ausgangsbeschränkungen waren viel weniger Menschen mit dem ÖPNV unterwegs. Die Beförderung im ÖPNV wird mit einem hohen Ansteckungspotenzial in Verbindung gebracht und von vielen gemieden. Hol- und Bringefahrten mit dem Pkw sind häufiger zu beobachten. Es ist zudem derzeit nicht abzusehen, wann die Fahrgastzahlen wieder das Vorniveau erreichen. Dieser Rückgang spiegelt sich in den Umsatzerlösen wieder und verschärft die oben genannte Ausgangssituation erheblich.

Zielsetzung

Um die Verkehrswende hin zum Umweltverbund zu schaffen und die Menschen von den Autos in den ÖPNV zu holen, muss die Finanzierung des ÖPNV in Dresden auf ein solides Fundament gestellt werden. Investitionen müssen nach verkehrlichem Nutzen ausgerichtet werden, nicht nach Fördermitteln. Die Nutzung des ÖPNV muss an einem bezahlbaren Niveau ausgerichtet werden. Fahrpreiserhöhungen müssen vermieden werden.

Finanzierungsmöglichkeiten

Zum Thema ÖPNV-Finanzierung sind viele wissenschaftliche Abhandlungen veröffentlicht worden. Im Wesentlichen stützen sich unsere Ausführungen auf eine Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik aus dem Jahr 2014 und einer vom VCD selbst in Auftrag gegeben Studie der BPV Consult GmbH. In Verbindung mit den Beispielen aus anderen Ländern und Städten ergeben sich folgende alternative Finanzierungsmöglichkeiten, die hier näher betrachtet werden:

  1. Ein an die Grundsteuer gekoppelter ÖPNV-Beitrag von Grundstückseigentümern
  2. Eine Nahverkehrsabgabe von Unternehmen nach französischem bzw. Wiener Vorbild
  3. Direkte Zuschüsse aus dem städtischen Haushalt mit entsprechender Gegenfinanzierung mit Push/Pull Charakter

In dem beiliegenden Fact-Sheet haben wir die Vor- und Nachteile der aufgeführten Finanzierungsmöglichkeiten verglichen und weitere Randbedingungen aufgeführt. Darin finden sich die für Dresden relevanten Zahlen zur DVB und zum Verlustausgleich.

Wir hoffen damit zu einer Versachlichung der Debatte beizutragen und fordern alle Beteiligten in Politik, Verwaltung, Zweckverbände und beteiligte Unternehmen auf sich mit der nachhaltigen Finanzierung des ÖPNV in Dresden zu beschäftigen!

 

 

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