Thüringen
„Spannend bei diesem Antrag ist, dass sich Die Linke in Gera damit auf gemeinsamer Linie mit der CDU/CSU auf Bundesebene bewegt“, meint Gilbert Weise (VCD)
Pressemitteilung des VCD zum Stadtratsbeschluss
In seiner Mai-Sitzung beschloss der Geraer Stadtrat auf Antrag der Fraktion Die Linke beinahe einstimmig, den Oberbürgermeister zu beauftragen, mit der Deutschen Bahn AG in Kontakt zu treten. Ziel ist, die Deutsche Bahn zur Freistellung von Bahnflächen wie zum Beispiel den ehemaligen Güterbahnhof in der Franz-Mehring-Straße zu bewegen. Die Flächen sollen nach dem Willen der Linken unter kommunaler Planungshoheit für Wohnen, Handel oder Freizeit an private oder öffentliche Investoren veräußert werden.
„Spannend bei diesem Antrag ist, dass sich Die Linke in Gera damit auf gemeinsamer Linie mit der CDU/CSU auf Bundesebene bewegt“, meint Gilbert Weise (VCD). Im Bundestag hatten CDU und CSU erst im Oktober 2024 versucht, die von der Regierung kurz zuvor im §23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes erschwerte Freistellungsregelung rückgängig zu machen. Um sich Möglichkeiten für die Umsetzung der Verkehrswende strategisch nicht zu verbauen, hatte die Regierung von Kanzler Scholz zuvor strengere Maßstäbe als bisher an die Zweckentfremdungen von Bahngrundstücken angelegt. Das Bündnis Allianz pro Schiene, in welchem auch der VCD und andere große Umweltverbände Mitglied sind, hatte Bundesverkehrsminister Wissing schriftlich aufgefordert, an die Freistellung von Bahnflächen weiter hohe Maßstäbe anzulegen.
„Der Interessenkonflikt tritt am Beispiel des aktuellen Antrages deutlich zutage“, sagt Peter Jähnert von der VCD-Ortsgruppe. „In der Öffentlichkeit werden besonders die ungenutzten Bahnflächen in zentraler Lage berechtigt als Schandfleck wahrgenommen. Da Innenstadtlagen hohe Renditen bei der Vermarktung versprechen, wecken besonders diese Flächen auch bei Investoren Begehrlichkeiten. Da das gut zu einander passt, kann ich das Motiv des Stadtrates zwar nachvollziehen, halte den Lösungsansatz aber für zu kurzsichtig.“
Jähnert erklärt weiter, dass für spätere Generationen gerade innerstädtische Bahnflächen von enormer Bedeutung sein werden. Denn klar sei, Güterverkehr, wie wir ihn heute kennen, kann in Zukunft so nicht mehr funktionieren. Die Bahn kann Güter effizienter, pünktlicher und sauberer als der LKW transportieren und stellt die Alternative zu verstopften Autobahnen dar. Wenn es aber das Grundstück für den Güterbahnhof in der Innenstadt nicht mehr gibt, werden weiter LKWs mit Waren durch die Innenstädte rollen. Und selbst, wenn die Deutsche Bahn für diese Flächen aktuell keinen Bedarf mehr sehe, kann sich das in Zukunft wieder ändern. Erst am 30. April hatte das Eisenbahn-Bundesamt eine Entwidmung von Bahnflächen in Berlin mit Verweis auf die „erwiesenermaßen oft fehlsame Markteinschätzung der Deutschen Bahn AG“ abgelehnt.
Der VCD empfiehlt allen Akteuren, sich nicht von kurzfristigen Lösungsansätzen wie dem der CDU/CSU auf Bundesebene leiten zu lassen. Diese können den Geraern in zwanzig Jahren dringend gebrauchte Lösungen verbauen.